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Die Kirche bleibt im Dorf…

 

…auch wenn Mitglieder des VKM Hessen Nassau und der Kirchengewerkschaft im Bereich Diakonie Hessen einen zusätzlichen Urlaubstag erhalten

 

In der ZMV 2/2021 Seite 87 werden die Ergebnisse der Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK) der Diakonie Hessen dargestellt und von Walter Berroth kommentiert. Der Kommentator scheint sich darüber zu ärgern, dass es der Arbeitnehmerseite gelungen ist, einen Bonus für bei Ihnen organisierten Mitarbeiter zu verhandeln. Um das zu unterstreichen, werden die Mitglieder der Kirchengewerkschaft und des VKM Hessen-Nassau als anpassungswillig bezeichnet und die Organisationen, die sich in der ARK beteiligen, als den Arbeitgebern wohlgesonnenen Vereinigung bezeichnet. Diese Diffamierungen sollen wohl über die tatsächlichen Erfolge in den Verhandlungen hinwegtäuschen.

 

Die Kirchengewerkschaft setzt sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein. In Hessen haben die Mitglieder des Landesverbandes Hessen in einer Urabstimmung beschlossen sich an der ARK Hessen zu beteiligen. Dass unsere Mitglieder damit anpassungswillig sein sollen und die Kirchengewerkschaft eine den Arbeitgebern wohlgesonnene Vereinigung sein soll, ist sowohl eine schlicht unwahre als auch unlogische und damit unvernünftige Behauptung.

 

Im Folgenden wollen wir auf die Behauptungen von Walter Berroth, auch wenn diese haltlos sind, kurz eingehen.

 

Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz?

 

Es erscheint zweifelhaft, ob der von Walter Berroth ohne weitere Argumentation behauptete Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz überhaupt vorliegt. Wann greift dieser Grundsatz denn ein? Er kommt dann zum Tragen, wenn ein Arbeitgeber durch eine einseitig von ihm gesetzte generalisierende Regelung bestimmte Arbeitnehmer anders behandeln will als andere. Diese Lage ist aber bei dieser getroffenen Regelung nicht gegeben. Diese wurde nämlich im Rahmen der Arbeitsrechtsregelung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, vertreten durch deren Sozialpartner getroffen, also gemeinsam und nicht einseitig durch einen Arbeitgeber gesetzt. Zudem ist diese Zulässigkeit dieser Form der Arbeitsrechtsetzung höchstrichterlich durch das Bundesverfassungsgericht und das Bundesarbeitsgericht, bekannt auch als Dritter Weg, abgesichert.

 

Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit?

 

Negative Koalitionsfreiheit im Sinne von Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz meint, dass jeder das Recht hat, nicht einer Koalition beitreten zu müssen. Bei der genannten Klausel, in der es um die unterschiedliche Behandlung von organisierten und nicht-organisierten Arbeitnehmern geht, handelt es sich um eine sogenannte einfache Differenzierungsklausel. Diese sind, auch bestätigt durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom November 2018 - 1 BvR 1278/16 - , zulässig und stellen keinen Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit dar, solange weder Druck noch Zwang zu einer Mitgliedschaft ausgeübt werde. Für eine solche Druck- oder Zwangssituation reiche es nicht aus, wenn lediglich ein faktischer Anreiz zu einem Beitritt in eine Gewerkschaft gesetzt werde. Inwiefern eine Regelung, in der es lediglich um die Gewährung eines zusätzlichen Urlaubstags geht, eine solche Zwangssituation auslösen soll bzw. eine „Wohlverhaltensprämie“ darstellen, ist nicht zu erkennen. Allein die Gewerkschaftsbeiträge, die in einem vergleichbaren Zeitraum zu leisten sind, übersteigen den finanziellen Gegenwert dieses Urlaubstages um ein Mehrfaches. Nicht mitgerechnet die zahlreichen ehrenamtlichen Stunden freiwilligen Engagements, die auch dazu beitragen, dass nichtorganisierte Arbeitnehmer von den verbesserten Entgeltbedingungen profitieren, die über die ARK ausgehandelt werden. Damit tragen die auf Arbeitnehmerseite beteiligten Sozialpartner ganz im Gegensatz zur Ansicht von WB gerade zur Stärkung des Betriebsfriedens bei. Entscheidend ist doch wohl für alle Arbeitnehmer, wie einmal ein ehemaliger Bundeskanzler geäußert hat, „was hinten `rauskommt“, also eine stetige Weiterentwicklung von Arbeits- und Entgeltbedingungen der Arbeitnehmer.

 

Es gibt nicht nur einen Weg zum Ziel

 

Zudem könnte der Verfasser wissen, dass im nichtkirchlichen Bereich solche einfachen Differenzierungsklauseln gang und gäbe und Gegenstand in zahlreichen Tarifverträgen sind. Warum dies im kirchlichen Bereich nicht möglich sein soll, warum dieser gesondert behandelt werden soll, vermögen wir nicht zu erkennen. Es erscheint in höchstem Maße fragwürdig: Wird eine Forderung von Gewerkschaften wie z.B. von ver.di im tarifrechtlichen Rahmen vertreten, wird sie als legitim erachtet. Wird dieselbe Forderung von Gewerkschaften wie z.B. der Kirchengewerkschaft im kirchlichen Arbeitsrecht vertreten, erfolgt eine „Rolle rückwärts“, diese Position wird dann diskreditiert und diffamiert. Worum geht es Walter Berroth? Stört er sich an der „Vorreiterrolle“, die der Landesverband Hessen der Kirchengewerkschaft hier eingenommen hat? Oder ist im generell das über das Grundgesetz abgesicherte Sonderrecht der Kirchen ein Dorn im Auge? Gibt es für ihn nur den einzigen Weg, über Tarifverträge Veränderungen in den Arbeits- und Entgeltbedingungen der Arbeitnehmerschaft herbeizuführen? Wir kennen die Beweggründe nicht, die Walter Berroth zu diesem Kommentar veranlasst haben, wünschen aber allen Sozialpartnern im kirchlichen Bereich, die jetzt ebenfalls versuchen, eine solche Differenzierungsklausel zu verhandeln, viel Erfolg bei der Umsetzung.

Der Landesverband Hessen der Kirchengewerkschaft

i.V. Burkard Schops (Vorsitzender)

 

 

 

 

 

 


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