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Arbeitsrechtlich relevante Themen zum Corona-Virus II

 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

nunmehr möchten wir, die Rechtsschutzabteilung der Kirchengewerkschaft, Euch auf diesem Wege über einige detaillierte Fragen und Antworten informieren.

Die Situation und die Fragestellung hat sich konkretisiert, so dass wir Euch nunmehr – wie im Newsletter Corona-Virus I – die Fragen weiterleiten wollen, die in den letzten Stunden/Tagen bei uns eingegangen sind.

 

Kann der Dienstgeber Überstunden anordnen?

In dieser Situation/Notsituation kann der Dienstgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes kurzfristig Mehrarbeit oder Überstunden anordnen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese dann gleichzeitig und gleichmäßig zu verteilen.

 

Kann der Arbeitgeber mich in einer anderen Einrichtung einsetzen?

Diese Regelung wird und muss sich aus Ihrem Arbeitsvertrag ergeben.

Wenn Sie z.B. in einer größeren Einrichtung wie Kirchengemeinde, Kita-Werk oder in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung beschäftigt sind, kann der Arbeitgeber Sie auch in andere Einrichtungen/Teilbereiche, die z.B. nicht an Ihrem Wohnort sind, umsetzen.

 

Kann der Arbeitgeber betrieblichen Urlaub/Zwangsurlaub anordnen?

Diese Frage ist mit Sicherheit zustimmungspflichtig durch die entsprechende Mitarbeiter-vertretung.

Wenn wir den betrieblichen Zwangsurlaub z.B. auf eine Betriebsschließung oder auf eine Schließzeit, wie sie im üblichen Sprachgebrauch genannt wird, beziehen, kann der Arbeitgeber dieses nur tun, wenn die Mitarbeitervertretung hiervon Kenntnis hat und diesem durch Beschluss zugestimmt hat.

Sowohl das Bundesurlaubsgesetz als auch die Regelung der verschiedenen Tarifverträge und AVRs in der Diakonie wie auch im Caritas regeln, dass Urlaub der Erholung dienen soll.

Dieses ist im Zweifelsfalle bei Zwangsurlaub/Schließung nicht gegeben.

In der aktuellen Situation geht es eher um die Frage der sog. Freistellung.

Es muss dann besonders darauf geachtet werden, dass es in Kitas oder vergleichbaren Einrichtungen eine gesetzliche Grundlage gibt, wie hoch maximal die Schließtage für das gesamte Jahr sind.

Wie wir aus verschiedenen Bundesländern wissen ist die gesetzliche Regelung derart, dass die sog. Schließtage oder auch Zwangsurlaub 18 Tage nicht überschreiten dürfen.

Es gibt also die praktische und juristische Gefahr, dass durch eine jetzige Zwangsschließung plus die für den Sommer geplanten Schließtage ggf. auch über den Jahreswechsel geplante Schließtage über die 18 Tage hinausgegangen wird.

Im Grundsatz ist sowohl gesetzlich als auch gerichtlich festgelegt, dass Urlaub nur im Einver-nehmen mit dem Beschäftigten gewährt werden kann.

 

Kann vom Arbeitgeber verlangt werden, dass Sie Mehrarbeit/Überstunden abbauen?

Ja, der damit verbundene Freizeitausgleich kann nur vom Arbeitgeber in einer angemessenen Frist durch einseitige Bestimmung festgelegt werden.

Dieses würde in der Praxis bedeuten, dass, wenn die Kolleginnen und Kollegen, die im Dienstplan arbeiten, dann nach dem aktuellen Dienstplan arbeiten müssen und der Dienstgeber kann praktisch für den nächsten Monat, in dem der Dienstplan dann neu geschrieben werden würde, den Abbau ihrer Überstunden/Mehrarbeit einpflegen.

Wir wissen aus vielen Einrichtungen, dass es Dienstvereinbarungen oder Arbeitszeitkonten gibt, die möglicherweise einen kürzeren oder auch ggf. längeren Zeitraum beinhalten, der den Abbau von Über- und Mehrarbeitsstunden regelt.

Somit muss nach unserer Auffassung hier auch sehr genau in die Dienstvereinbarung geschaut werden, ob sich die Fristen verändern.

Entscheidend ist bei dem Thema, dass der Arbeitgeber keine Minusstunden, sofern sie nicht in einer Dienstvereinbarung geregelt sind, anordnen kann.

 

Ich habe Urlaub geplant, genehmigt aber mein Hotel, mein Urlaubsort ist geschlossen.

Bekomme ich den Urlaub zurück?

Ein genehmigter und angemeldeter Urlaub ist bereits gewährt und muss genommen werden.

Wenn nun das Hotel, die Ferienwohnung, das Kreuzfahrtschiff oder der Campingplatz gesperrt ist, ist dieses kein Grund, um den Urlaub nicht antreten zu können.

Die nunmehr allgemein geschlossene Tourismusbranche bedeutet nicht, dass Sie den Urlaub zurückbekommen.

Aus dem Bereich der systemrelevanten Berufe wie der Pflege, Alten- und Krankenpflege, ambulant und stationär, fragt der Arbeitgeber zurzeit viele Kolleginnen und Kollegen, ob sie auf den Antritt ihres Urlaubes verzichten wollen?

Dieses geht dann nur im Einvernehmen.

Ein Zurückholen aus dem Urlaub, der schon gewährt ist, ist rechtlich nicht möglich.

 

Quarantäne und Urlaub – was ist hier zu beachten?

Ist der Kollege oder die Kollegin am Corona-Virus erkrankt, so hat er/sie gemäß Entgeltfortzahlungsgesetz den Anspruch auf Entgeltfortzahlung von 6 Wochen bei Erkrankung wie bei allen anderen Erkrankungen.

Dazu kommt dann die Variante, dass möglicherweise ein Verdacht der Ansteckung besteht, weil ich Kontakt zu Infizierten hatte.

Somit ist nach dem Seuchengesetz ein behördliches Beschäftigungsverbot gegeben und ich habe in diesen Fällen einen Anspruch auf Entschädigung.

Wie wir ja wissen, gibt es für bestimmte Bereiche ein sog. Tätigkeitsverbot, das sich aus dem Seuchengesetz heraus ergibt.

 

Mein Arbeitgeber schickt mich ins Homeoffice – bin ich dort versichert?

Grundsätzlich steht jeder Unfall (möge er nicht eintreten) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Entscheidend ist aber nicht der Ort, sondern die Frage, ob der Unfall im direkten Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit steht?

Es gibt eine Entscheidung des Bundessozialgerichts, das einen direkten Zusammenhang sieht, wenn eine Tätigkeit im kausalen Zusammenhang steht.

So hat z.B. die gesetzliche Unfallversicherung publiziert:

Fällt eine Versicherte die Treppe herunter und verletzt sich dabei, weil sie im Erdgeschoss die unterbrochene Internetverbindung überprüfen will, die sie für dienstliche Kommunikation benötigt, wäre dieser Unfall versichert.

Fällt sie aber die Treppe herunter, weil sie eine private Paketsendung entgegennehmen will o.vgl., wäre dieses nicht versichert.

Somit muss für den Fall eines Unfalles immer ein direkter Zusammenhang zur konkreten Arbeit, die vom Arbeitgeber übertragen wurde, nachvollziehbar sein.

Hier sei auch noch einmal der Ordnung halber erwähnt, dass bestimmte Wege z.B. in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen oder Nahrung aufzunehmen sowie der Weg zur Toilette als Privattätigkeit gesehen werden und damit nicht versichert sind.

 

Kurzarbeitergeld

Das Kurzarbeitergeld ist eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung.

Unter bestimmten Voraussetzungen haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Der Arbeitgeber – und dieses ist ja zurzeit relativ häufig – muss die regelmäßige Arbeitszeit kürzen und hat dieses der zuständigen Agentur für Arbeit anzuzeigen.

Das Kurzarbeitergeld soll den Verdienstausfall zumindest teilweise ausgleichen.

Hintergrund ist, dass der Arbeitsplatz damit erhalten bleibt und betriebliche Entlassungen minimiert werden.

Das Kurzarbeitergeld hat massive finanzielle Auswirkungen.

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich danach, wie hoch der finanzielle Verlust nach Zahlung von Steuern für Sie ist.

Grundsätzlich werden ca. 60 % des ausgefallenen Nettoentgeltes bezahlt.

Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld dann rund 67 % des ausgefallenen Nettoentgeltes.

Das Kurzarbeitergeld kann höchstens 12 Monate in Anspruch genommen werden.

Hierbei ist zu beachten, dass die sog. Bezugsdauer auch unterbrochen werden kann.

Während des Bezuges von Kurzarbeitergeld bleiben die Sozialversicherungsleistungen wie Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bestehen.

 

Kurzarbeitergeld und Arbeitsunfähigkeit

Wie aus dem Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit zum Kurzarbeitergeld zu lesen ist, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Krankengeld, wobei dieses dann so berechnet wird, als wenn er fiktiv voll weiterbeschäftigt wurde, also keine wirtschaftlichen Nachteile zusätzlich hat.

Die konkreten Zahlen und die Berechnung ist ausschließlich über die zuständige Krankenkasse und deren Leistungsabteilung zu erfahren.

 

Ausgeschlossene Personen vom Kurzarbeitergeld

Die Personengruppen, die ausgeschlossen sind, sind die Kolleginnen und Kollegen, die schon in der Regelaltersrente sind bzw. das erforderliche Lebensjahr vollendet haben.

Es sind ausgeschlossen die geringfügig Beschäftigten sowie pauschal alle die Kolleginnen und Kollegen, die nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.

Des Weiteren gehören zu dem Personenkreis die Kolleginnen und Kollegen, die in einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme sind und Übergangsgeld erhalten sowie die vorher schon einmal genannten Kolleginnen und Kollegen, die zurzeit ein Krankengeld beziehen.

Die Kolleginnen und Kollegen, die offiziell im Urlaub sind bzw. einen gewährten Urlaub haben, erhalten für diese Zeit auch kein Kurzarbeitergeld.

 

Arbeitszeit im Katastrophenfall

Insbesondere aus den stationären und ambulanten Einrichtungen kommt in der Rechtsschutz-abteilung die Frage einer 12-Stunden-Schicht an.

Grundsätzlich ist zu sagen:

JA, der Arbeitgeber kann im Maximalfall einer Ausnahmesituation, insbesondere unter den rechtlichen Grundlagen des Seuchengesetzes die Mitarbeitenden zu maximal 12-Stunden-Schichten verpflichten.

 

Ist eine Urlaubssperre gültig?

Grundsätzlich ist eine Urlaubssperre, wie schon gesagt, mitbestimmungspflichtig und sollte ich einen wirtschaftlichen Schaden durch Ausfallkosten in meinem Urlaubsort haben, muss der Dienstgeber diesen ausgleichen.

 

Muss ich mich Tag und Nacht für den Dienstgeber bereithalten?

Diese Frage ist für unterschiedliche Berufsgruppen auch unterschiedlich zu beantworten.

All die Kolleginnen und Kollegen, die in einem sog. systemrelevanten Bereich arbeiten, sind aufgrund der aktuellen Situation im Rahmen der gesetzlichen Regelungen, insbesondere mit Blick auf die Arbeitszeit und die damit verbundene Ruhezeit für den Arbeitgeber einsetzbar.

 

Solidarisches Verhalten

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

wie in den sozialen Medien und in den Pressemeldungen sowie in vielen, vielen persönlichen Gesprächen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass nun die Kolleginnen und Kollegen, die z.B. in der Pflege und im Einzelhandel tätig sowie auch die LKW-Fahrer unterbezahlt sind, nunmehr in dieser Krisensituation mehr Geld erhalten sollen.

Dieses ist schon seit mindestens 15 Jahren eine Forderung der Kirchengewerkschaft.

Das solidarische Verhalten, das wir zurzeit in der Gesellschaft erleben, durch Hilfsangebote, durch solidarisches Bekunden von Klatschen, Singen sowie kostenfreies Essen in Restaurants für systemrelevante Kolleginnen und Kollegen, muss nach unserer Einschätzung als Schwung mitgenommen werden.

Die Kirchengewerkschaft arbeitet seit 70 Jahren daran, gerechte Löhne zu verhandeln.

Nunmehr haben wir als positiven Blick die Sensibilität von Menschen auf spezielle Berufsgruppen, die immer als notwendig und das wird hier schon funktionieren gesehen wurden.

Somit wünschen wir, der Bundesvorstand, die Landesverbände sowie die Geschäftsstelle der Kirchengewerkschaft, uns und fordern Sie auf, die diesen Newsletter lesen und nicht Mitglied der Gewerkschaft sind, dieses im solidarischen Handeln schnellstmöglich zu tun, damit wir, die engagierten Kolleginnen und Kollegen in den Tarifkommissionen, den Arbeitsrechtlichen Kommissionen, in den Mitarbeitervertretungen und Betriebsräten einen weiteren andauernden über die Corona hinaus wirksamen Druck zur leistungsgerechten Entlohnung aufrechterhalten und/oder ausbauen können.

Solidarisches Handeln in dieser Zeit heißt auch, Arbeitnehmerrechte zu sichern, Arbeitnehmer-rechte zu steigern und dafür Sorge zu tragen, dass durch eine wie jetzt akute Krise die Kolleginnen und Kollegen nicht noch einen wirtschaftlichen Schaden hinnehmen müssen, den sie nicht zu verantworten haben.

Hier sei z.B. die Anhebung des Kurzarbeitergeldes in solchen Fällen genannt.

Hierfür stehen wir, die Kirchengewerkschaft, seit Jahrzehnten und brauchen nunmehr Ihre Hilfe, Ihre Unterstützung und das solidarische Handeln aller unterschiedlichen Berufsgruppen und Gewerke.

Darüber hinaus sei erwähnt, dass dieser Newsletter an einige zig tausend Kolleginnen und Kollegen geht, die aber auch nicht alle organisiert sind.

Der Newsletter ist ein kostenloser Service der Kirchengewerkschaft und ihrer Rechtsschutz-abteilung.

Somit nutzen Sie alle einen Service, den die gewerkschaftlich organisierten Kolleginnen und Kollegen bezahlen.

 

 

 

Solidarisieren Sie sich, bleiben Sie gesund, passen Sie auf sich auf!

 

 

Ihre Rechtsschutzabteilung

   

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